Interview über die Adoption eines unerreichten Volkes
Interview mit S. Ross
In dem Interview erzählt S. Ross von seinen Erfahrungen, die er mit der Adoption eines Stammes in Indonesien gemacht hat:
Frage 1: Wie kam es, dass eure Gemeinde ein unerreichtes Volk adoptiert hat?
Als junger Mann war ich selbst und dann mit meiner Frau für einige Jahre als Missionar in Indonesien und dann auf den Philippinen tätig. So hatten wir auch nachdem wir Leiter einer kleinen Gemeinde in Deutschland wurden, immer ein Herz für Weltmission. 1995 besuchte ich dann ein Missionsseminar für Missions-Mobilisierer in Bispingen mit Bill & Amy Stearns. Dort hörte ich von der „Adopt-A-people“-Strategie, um unerreichte Völker zu erreichen. Dieses Seminar hat mich stark herausgefordert und ermutigt, mich noch viel konkreter für Weltmission einzusetzen.
Details
Frage 2: Nachdem du zum ersten Mal über die „Adopt-a-people“-Strategie erfahren hattest, was hast du unternommen, um andere zu motivieren?
Im nächsten Jahr habe ich mit drei weiteren Leuten aus der Gemeinde das Missionsseminar „Mission 2000“ in Bispingen besucht. Alle wurden für Weltmission angezündet! Wenige Monate später gründeten wir den „Arbeitskreis Mission“ in unserer Gemeinde. Es folgten wöchentliche Gebetszeiten für die unerreichten Völker des 10/40-Fensters. Nach einem halben Jahr wurde der Wunsch sehr stark, selbst ein unerreichtes Volk zu adoptieren. Wir beteten um Gottes Führung. Ab August 1996 brachten wir dann in unserem monatlichen Gemeindebrief eine Missionsseite, mit Lehre und Information aus der Weltmission. Im November desselben Jahres nahmen 6 Leute aus der Gemeinde an einem weiteren Missionsseminar teil. Im Dezember installierten wir eine große Weltkarte, 4 m x 2 m, in unserem Gemeindesaal, direkt hinter der Kanzel, um die ganze Gemeinde ständig an den Auftrag zu erinnern. Zum ersten Mal fiel unser Interesse auf Sumatra, aber noch hatten wir uns für keine der vielen unerreichten Volksgruppen, die es dort noch gab, entschieden.
Frage 3: Wie hat die Gemeinde auf diesen neuen Schwerpunkt reagiert?
Zunächst waren natürlich Fragen da. Es gab Zustimmung wie auch Ablehnung, Skepsis, Unglaube, ob dies alles so möglich sei. Aber viele waren auch begeistert von der Idee, dass wir als Gemeinde einen entscheidenden Beitrag in der Weltmission leisten können.
Frage 4: Wie hast du die Gemeinde dazu gebracht, sich hinter das Projekt zu stellen?
Ich habe Weltmission zu Predigtthemen gemacht, z. B. „Gottes Absicht mit der Welt“ oder „Gottes Berufung für die Gemeinde“. Wir boten ein achtwöchiges Missionsseminar für die ganze Gemeinde an. Auch luden wir kompetente Leute ein, die uns über Weltmission und die Unerreichten lehren und inspirieren konnten, wie z.B. John Robb und Bill Stearns. Außerdem führten wir mit Geschwistern der Gemeinde Einzelgespräche und versuchten ihre Fragen zu beantworten und sie zu gewinnen.
Frage 5: Wie kam es zur Entscheidung, die „Panenan“ (aus Sicherheitsgründen Name geändert) zu adoptieren? War es Dein Wunschvolk?
Es war nicht mein Wunschvolk. Nach einigen Monaten Gebet und Forschung fiel im Dezember 1996 unsere Entscheidung auf Sumatra, da diese Insel die vielleicht größte Konzentration von unerreichten Völkern weltweit darstellte. Darüber waren wir in unserem Missionsteam in Übereinstimmung. Ein weiterer Bruder aus der Gemeinde und ich besuchten dann im Frühjahr 1997 eine Konferenz über die unerreichten Völker Südostasiens in Singapur. Wir beteten und hatten die Erwartung, dass Gott eine geöffnete Tür nach Sumatra schenken würde. Anschließend gingen wir auf eine Erkundungsreise nach Sumatra und lernten zwei Volksgruppen kennen, eine davon war die Panenan.
Im Herbst desselben Jahres machten wir mit 7 Personen aus der Gemeinde einen dreiwöchigen Gebetseinsatz zu den Minangkabaus und zu den Panenan. Anschließend werteten wir aus und empfanden im Gebet, dass die Panenan unser Volk sind!
Frage 6: So war es doch ein langer Entscheidungsprozess von immerhin 2 1⁄2 Jahren! Gab es nicht auch Frustration?
Manchmal wollte ich schon aufgeben! Ich dachte, dass wir nicht die richtigen Leute dafür wären. Aber Gott hat uns immer wieder ermutigt, weiterzumachen. Natürlich kann man eine Entscheidung auch in kürzerer Zeit, vielleicht innerhalb weniger Monate fällen. Es kommt immer darauf an, wo eine Gemeinde steht und worüber man Einheit empfindet. Für uns war jedoch der Prozess sehr wichtig und lehrreich.
Frage 7: Gab es dann eine offizielle Adoption? Wie lief das ab?
Dies war natürlich ein großes Highlight! Wir hatten am 31.12.1997 die offizielle Adoptionsfeier! Die ganze Gemeinde war anwesend und nachdem wir ein Video über die Panenan gezeigt hatten und das Volk nochmals vorgestellt hatten, verlasen wir feierlich die Adoptionsverpflichtung. Die Gemeindeleiter sowie jeder, der es wollte, unterzeichneten persönlich die Adoptions-Urkunde. Mit Gebet verpflichteten wir uns, an der Rettung der Panenan mitzuarbeiten.
Frage 8: Kannst du uns mehr über die Panenan erzählen?
Es gibt ca. 2 Millionen Panenan sprechende Menschen in Sumatra. Sie teilen sich in mehrere verwandtschaftliche sehr nahe Völker auf, unter denen die Panenan mit über einer halben Million Menschen die größte Gruppe ist. Unter ihnen gibt es noch keine Gemeinde! Es gibt vielleicht 50 Christen unter ihnen. 99,9 % sind Moslems, die noch nie das Evangelium gehört haben. Die Panenan sind Bergbewohner und in ihrer Region sehr einflussreich. Sie bauen Kaffee und Tee an. Es sind sehr liebenswerte und kostbare Menschen.
Frage 9: Was ist seither unter den Panenan geschehen? Seht Ihr Fortschritte?
Wir hatten sehr guten Kontakt mit amerikanischen Baptisten, die ebenfalls in dem Gebiet arbeiten wollten. Wir konnten von der Gemeinde aus jedes Jahr mindestens ein bis zwei Gebetseinsätze in Sumatra durchführen. Dadurch kamen wir auch in Kontakt mit verschiedenen Bibelschulen und Gemeinden. Wir konnten finanziell dazu beitragen, dass der Jesus-Film in die Sprache der Panenan übersetzt werden konnte.
In der Zwischenzeit konnten wir als Gemeinde in Zusammenarbeit mit einem Missionswerk zwei Familien aus unseren eigenen Reihen nach Indonesien aussenden. Sie sind jetzt schon 1,5 Jahre dort, haben Indonesisch gelernt und wohnen jetzt dem Zielgebiet nahe. Es ist ein Netzwerk von verschiedenen Gemeinden und Werken am Entstehen, mit dem Ziel eine Gemeindegründungsbewegung unter den Panenan in Gang zu setzen.
Frage 10: Das klingt nach hohen Investitionen! Wie finanziert ihr das?
Mission kostet Geld! Aber es ist die beste Investition, die wir als Gemeinden tätigen können! Die meisten Kurzzeiteinsätze werden von den Teilnehmenden selbst bezahlt. Oft wird durch Sonderopfer, Essensverkauf, Basar etc. dazu beigetragen. Als Gemeinde haben wir eine Entscheidung getroffen, sodass 20 % unserer Gemeindeeinkünfte für Weltmission bestimmt sind. Unsere ausländischen Mitarbeiter in Indonesien haben zusätzlich noch einen persönlichen Freundeskreis sowie einzelne Gemeinden, die sie mit unterstützen.
Frage 11: Welches sind die nächsten Schritte, die Ihr plant?
- Weiterer Aufbau des Netzwerkes von Gemeinden und Werken, die die Panenan erreichen wollen. Dies kann Gemeinden aus Deutschland, Singapur oder auch Indonesien einschließen.
- Klärung der Strategie, wie die Panenan gewonnen werden können.
- Finden und Gewinnen von indonesischen Mitarbeitern.
- Zusätzliche Ausbildung der Mitarbeitenden und Aufbau eines oder mehrerer Gemeindegründungsteams im Panenan-Gebiet.
- Betreuung und Mentoring der Teams aufbauen.
Frage 12: Was ist dein Traum?
Ich habe einen dreifachen Traum, nämlich dass:
- eine lebendige, wachsende, der Kultur angepasste Gemeindegründungsbewegung unter den Panenan entsteht, die ihre eigene Kultur und ihr ganzes Volk durchdringt und von den Panenan selbst weitergetragen wird.
- durch Gemeinden in Deutschland viele solcher Gemeindegründungsbewegungen unter einer großen Anzahl von unerreichten Völkern entstehen.
- die Gemeinde Jesu in Deutschland für Weltmission mobilisiert wird!